Die Arnoldshainer Abendmahlsthesen

Zur Entstehungsgeschichte

Die zweite Kirchenversammlung in Treysa vom 5./6. Juni 1947 hatte den Rat der EKD gebeten, „sich darum zu bemühen, dass ein verbindliches Gespräch über die Lehre vom Heiligen Abendmahl im Hinblick auf die Kirchengemeinschaft zustande kommt“. Dieser Wunsch knüpfte an die Neubesinnung der evangelischen Theologie nach dem Ersten Weltkrieg an und nahm theologische Gespräche in der Bekennenden Kirche der 30er Jahre wieder auf.* Der Rat entsprach der Bitte und veranlasste die Einsetzung einer Kommission für das Abendmahlsgespräch in der EKD, deren Zusammensetzung sich allerdings mehrfach änderte. Es haben außer einigen Sitzungen von Unterkommissionen sechs Tagungen stattgefunden: Frankfurt/M 1947; Hamburg 1951; Hannover 1952; Berlin 1954; Darmstadt 1955; Arnoldshain 1957. Die auf diesen Tagungen gehaltenen Referate sind danach fast alle veröffentlicht worden.

Am 25. Juli 1958 nahm der Rat das Arbeitsergebnis nach erläuternden Berichten der Kommissionsmitglieder D. Meyer, D. Gollwitzer und D. Kreck entgegen und übergab die Arnoldshainer Abendmahlsthesen (Präambel und Thesen) der kirchlichen Öffentlichkeit.

Die Thesen riefen eine lebhafte theologische Diskussion hervor, die den Rat der EKD 1960 veranlasste, die Kommission mit der Prüfung der zu den Abendmahlsthesen eingegangenen Stellungnahmen zu beauftragen.

Das Ergebnis dieser weiteren Arbeit sind Erläuterungen zu den einzelnen Thesen, mit denen die Kommission vor allem auf die Anfragen aus lutherischer Sicht antwortete. Der Abschlussbericht sowie die Erläuterungen wurden vom Rat der EKD am 8./9. Februar 1962 entgegengenommen. **

* Vgl. die Veröffentlichung „Abendmahlsgemeinschaft?“, München 1937, mit Beiträgen von Hans Asmussen, Helmut Gollwitzer, Friedrich Wilhelm Hopf, Ernst Käsemann, Wilhelm Niesel, Ernst Wolf und den Beschluss der 2. Tagung der 4. Bekenntnissynode der Evangelischen Kirche der Altpreu-ßischen Union 1937 in Halle „Zur Frage der Abendmahlsgemeinschaft“. (Der Beschluss findet sich bei Gerhard Niemöller, Die Synode zu Halle 1937. Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, Band II, Göttingen 1963, S. 441.)

** Obenstehende historische Einführung sowie der Text der Thesen und Erläuterungen sind hier (in aktueller Rechtschreibung) wiedergegeben nach: Das Mahl des Herrn. 25 Jahre nach Arnoldshain; ein Votum des Theologischen Ausschusses der Arnoldshainer Konferenz, Neukirchen-Vluyn 1982

Präambel und Thesen (1957)

Zum Verständnis der gemeinsam formulierten und einmüntig angenomenen Sätze über das heilige Abendmahl

In den von der Kommission für das Abendmahlsgespräch der EKD am 1. und 2. 11. 1957 auf Grund längerer Vorarbeiten gemeinsam formulierten und einmütig angenommenen Sätzen wird gesagt, was Theologen lutherischen, reformierten und unierten Bekenntnisses innerhalb der EKD, bestimmt durch den Ertrag der neueren exegetischen Arbeit am NT, heute auf die Fragen nach Wesen, Gabe und Empfang des Heiligen Abendmahls gemeinsam antworten können.

Diese Sätze beanspruchen nicht, eine volle Entfaltung der theologischen Lehre vom Abendmahl zu bieten. Daher konnten die einzelnen Mitarbeiter auf bestimmte, ihnen wichtige Einzelaussagen verzichten; sie sind aber der Überzeugung, damit nichts zu Gunsten eines Kompromisses ausgelassen zu haben, was zum Verständnis von Wesen, Gabe und Empfang des Heiligen Abendmahls unerlässlich ist.

Was dieser Ertrag der bisherigen Arbeit für die Fragen der Abendmahlsgemeinschaft und der Kirchengemeinschaft bedeutet, bedarf weiterer theologischer Bemühungen.

Die Art und Weise, in der die Arbeit bisher getrieben wurde, hat sich nach Ansicht der Kommission bewährt und lässt erwarten, dass ein Weitergehen auf dem beschrittenen Wege nicht ohne Frucht bleiben wird.

Was hören wir als Glieder der einen apostolischen Kirche als entscheidenden Inhalt des biblischen Zeugnisse vom Abendmahl?

These 1

  1. Das Abendmahl, das wir feiern, gründet in der Stiftung und im Befehl Jesu Christi, des für uns in den Tod gegebenen und auferstandenen Herrn.
  2. Im Abendmahl lädt der erhöhte Herr die Seinen an seinen Tisch und gibt ihnen jetzt schon Anteil an der zukünftigen Gemeinschaft im Reiche Gottes.

These 2

  1. Im Abendmahl handelt Jesus Christus unter dem, was die Kirche tut, selbst als der durch sein Wort im Heiligen Geist gegenwärtige Herr.
  2. Das Abendmahl gehört wie die Predigt, der Taufe und der sonderliche Zuspruch der Sündenvergebung zu den Weisen, in denen Christus uns die Gaben des rettenden Evangeliums zueignet.

These 3

  1. Das Abendmahl ist eine gottesdienstliche Handlung der im Namen Jesu versammelten Gemeinde.
  2. Im Abendmahl ist das Mahl unlöslich verbunden mit der Verkündigung des Heilstodes Jesu, die durch mündliches Wort geschieht.
  3. Unter Gebet, Danksagung und Lobpreis werden Brot und Wein genommen, die Einsetzungsworte des Herrn gesprochen und Brot und Wein der Gemeinde zum Essen und Trinken dargereicht.
  4. Im Abendmahl gedenken wir des Todes Christi, durch den Gott ein für allemal die Welt versöhnt hat; in ihm bekennen wir die Gegenwart des auferstandenen Herrn unter uns und warten in Freude auf sein Wiederkunft als die zur Herrlichkeit in der Vollendung Berufenen.

These 4

Die Worte, die unser Herr Jesus Christus beim Reichen des Brotes und des Kelches spricht, sagen uns, was er selbst in diesem Mahle allen, die hinzutreten, gibt: Er, der gekreuzigte und auferstandene Herr, lässt sich in seinem für alle in den Tod gegebenen Leib und seinem für alle vergossenen Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein von uns nehmen und nimmt uns damit kraft des Heiligen Geistes in den Sieg seiner Herrschaft, auf dass wir im Glauben an seine Verheißung Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit haben.

These 5

Darum wird das, was im Abendmahl geschieht, nicht angemessen beschrieben,
  1. wenn man lehrt, Brot und Wein würden durch die Stiftungsworte des Herrn in eine übernatürliche Substanz verwandelt, so dass Brot und Wein aufhören, Brot und Wein zu sein;
  2. wenn man lehrt, im Abendmahl würde eine Wiederholung des Heilsgeschehens vollzogen;
  3. wenn man lehrt, im Abendmahl würde ein naturhafter oder übernatürlicher Stoff dargereicht;
  4. wenn man lehrt, es handele sich um einen Parallelismus von leiblichem und seelischem Essen als zwei voneinander getrennten Vorgängen;
  5. wenn man lehrt, das leibliche Essen als solches mache selig, oder das Anteilbekommen am Leib und Blut Christi sei ein rein geistiger Vorgang.

These 6

  1. Jesus Christus, der uns aus Gottes todbringendem Zorngericht gerettet hat, ist zugleich Anfang und Haupt einer neuen Schöpfung.
  2. Durch ihn sind wir als die, die seinen Leib und sein Blut empfangen, zusammengeschlossen zu seinem Leib, der Kirche, und werden des verheißenen Neuen Bundes teilhaftig, den Gott durch Jesu Blut gestiftet hat.
  3. Das Abendmahl stellt uns in die Gemeinschaft der Brüder und bezeugt uns damit, dass das, was uns in dieser Weltzeit knechtet und trennt, in Christus durchbrochen ist und der Herr in der Mitte der begnadigten Sünder den Anfang einer neuen Menschheit setzt.

These 7

  1. Das Abendmahl stellt uns auf den Weg des Kreuzes Christi. Das Kreuz Christi weist uns in die Wirklichkeit dieser Welt. Wo wir schwach sind, da ist die Gnade Gottes mächtig. Wenn wir sterben, leben wir mit ihm. Noch ist sein Sieg verborgen unter Anfechtung und Leiden. Darum speist uns der Herr durch sein Mahl, um uns zu stärken in dem Kampf, in denen er die Seinen sendet, und uns zu wappnen gegen alle Schwärmerei und alle Schlaffheit, damit wir nicht entweder in falschen Träumen das Künftige vorwegnehmen oder verzagt die Hand sinken lassen.
  2. In der Gemeinde, der er sich im Abendmahl gibt, sind wir Brüder. Diese Gemeinschaft lebt allein in der Liebe, mit der er uns zuerst geliebt hat. Wie er sich unser angenommen hat - der Gerechte der Ungerechten, der Freie der Unfreien, der Hohe der Niedrigen -, so sollen auch wir allen denen, die uns nötig haben, teilgeben an allem, was wir sind und haben.

These 8

  1. Der Glaube empfängt, was ihm verheißen ist, und baut auf diese Verheißung und nicht auf die eigene Würdigkeit.
  2. Gottes Wort warnt uns vor jeder Missachtung und jedem Missbrauch des Heiligen Abendmahls, damit wir uns nicht an der Hoheit dieser Gabe versündigen und Gottes Gericht auf uns ziehen.
  3. Weil der Herr reich ist für alle, die ihn anrufen, sind alle Glieder seiner Gemeinde zum Mahle gerufen, und allen ist die Vergebung der Sünden zugesagt, die nach der Gerechtigkeit Gottes verlangen.

Ihre Zustimmung zu vorstehenden Thesen nebst Präambel erklärten:

D. Bizer, D. Bornkamm, D. Brunner, D. Delekat, D. Gollwitzer, D. Iwand, D. Jeremias, D. Käsemann, D. Kreck, D. Kuhn, D. v. Loewenich, D. Meyer, D. Michel, D. Niesel, D. Dr. Schlink, D. Schweizer, D. Vogel, D. Weber, D. Wolf




Abschlussbericht und Thesen mit Erläuterungen (1962)

Bericht der Unterzeichner der Arnoldshainer Abendmahlsthesen über der Abschluss ihrer Arbeit

Die Veröffentlichung der Arnoldshainer Thesen löste ein auf breitester Front geführten Gespräch über das Abendmahl aus, das nicht nur in Deutschland geführt wurde, sondern auch Stellungnahmen aus der Ökumene erbrachte, und das nicht nur von evangelischen Kirchen und Christen bestritten wurde, sondern zu dem auch katholische Theologen Beiträge lieferten.

In seiner Sitzung vom 4./5. Februar 1960 beschloss der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, die Kommission für das Abendmahlsgespräch der EKD um die Prüfung der zu den Arnoldshainer Thesen eingegangenen Stellung- nahmen zu bitten. Die Kommission hat sich diesem Auftrag in zwei Plenarsitzungen, die am 4./5. November 1960 in München und am 5./6. Januar 1961 in Berlin-Friedenau stattfanden, und in der Sitzung eines von der Kommission bestellten Ausschusses am 20. Mai1961 in Heidelberg unterzogen. Sie hat in eingehenden Referaten und Aussprachen alle bis zu dem jeweiligen Sitzungstermin bekanntgewordenen Voten geprüft und gewürdigt. Die Unterzeichner der Arnoldshainer Thesen konnten sich nicht entschließen, den Wortlaut der gemeinsam formulierten und einmütig angenommenen Sätze über das heilige Abendmahl zu ändern, hielten es jedoch für angebracht, auf die entscheidenden Anfragen an die Arnoldshainer Thesen, wie sie vor allem in der von dem Theologischen Ausschuss der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands erarbeiteten und von der Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands entgegengenommenen Stellungnahme vom 11./12. Oktober 1959 niedergelegt sind, mit gemeinsam formulierten und einmütig beschlossenen Erläuterungen zu antworten.

Diese Erläuterungen wurden hiermit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland übergeben.

Die Unterzeichner der Arnoldshainer Thesen und ihrer Erläuterungen glauben, mit der Übergabe dieser Erklärungen den ihnen vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland erteilten Auftrag, ein verbindliches theologisches Gespräch über die Lehre vom heilige Abendmahl zu führen, erfüllt zu haben.

Sie bitten den Rat der EKD,

  • die Erläuterungen entgegenzunehmen und sie - wie die Arnoldshainer Thesen - den Kirchenleitungen, den Theologischen Fakultäten und Kirchlichen Hochschulen und der kirchlichen Öffentlichkeit zu übergeben;
  • die Kommission für das Abendmahlsgespräch der EKD von ihrem Auftrag zu entbinden;
  • eine neue Kommission zu berufen und sie zu beauftragen, darüber zu befinden, welche Folgerungen aus dem Ertrag der bisherigen Arbeit für die Frage der Abendmahlsgemeinschaft zu ziehen sind.

Die Arnoldshainer Thesen und diese von den Unterzeichnern der Sätze über das heilige Abendmahl gemeinsam formulierten und einmütig angenommenen Erklärungen:

These 1

  1. Das Abendmahl, das wir feiern, gründet in der Stiftung und im Befehl Jesu Christi, des für uns in den Tod gegebenen und auferstandenen Herrn.

    Erklärung zu These 1,1:

    1. Die Feststellung, dass das Abendmahl in Stiftung und Befehl Jesu Christi gründet, ist eine eindeutige Ablehnung aller Versuche, das Abendmahl nur als ein kulturgeschichtliches Produkt der Gemeinde zu verstehen.
    2. Stiftung und Befehl sind beschlossen in dem Wort und Handeln Jesu Christi, wie es uns das Zeugnis der Gemeinde mit ihren Berichten über das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern verkündet. In diesem Stiftungsgeschehen ist der Auftrag eingeschlossen, bis zum kommenden Mahl im Reiche Gottes in der Mahlgemeinschaft zu bleiben.
    3. Darüber hinaus sehen sich die Unterzeichner der Arnoldshainer Thesen nicht veranlasst, in die Diskussion über die historischen Einzelfragen des letzten Mahles (Datum, Situation, ursprünglicher Wortlaut der Spendeworte) einzugreifen.
  2. Im Abendmahl lädt der erhöhte Herr die Seinen an seinen Tisch und gibt ihnen jetzt schon Anteil an der zukünftigen Gemeinschaft im Reiche Gottes.

These 2

  1. Im Abendmahl handelt Jesus Christus unter dem, was die Kirche tut, selbst als der durch sein Wort im Heiligen Geist gegenwärtige Herr.
  2. Das Abendmahl gehört wie die Predigt, der Taufe und der sonderliche Zuspruch der Sündenvergebung zu den Weisen, in denen Christus uns die Gaben des rettenden Evangeliums zueignet.

    Erklärung zu These 2,2:

    Die besondere Weise, in der uns im Abendmahl die Gaben des rettenden Evangeliums zuteil werden, besteht darin, dass Jesus Christus sich uns in seinem Leib und Blut durch sein verheißendes Wort hier in der Darreichung von Brot und Wein gibt. Dabei ist vorausgesetzt, dass in der Verkündigung des Evangeliums, in Taufe und Abendmahl derselbe Herr sich uns schenkt, aber in verschiedener Weise. Die These hat nicht die Absicht, die besondere Art des Sichgebens Jesu Christi im Abendmahl zu nivellieren. Darüber, ob der Herr den Seinen im Abendmahl darüber hinaus eine spezifische Gabe schenkt,bestehen im Kreise der Unterzeichner verschiedene Überzeugungen.

These 3

  1. Das Abendmahl ist eine gottesdienstliche Handlung der im Namen Jesu versammelten Gemeinde.
  2. Im Abendmahl ist das Mahl unlöslich verbunden mit der Verkündigung des Heilstodes Jesu, die durch mündliches Wort geschieht.
  3. Unter Gebet, Danksagung und Lobpreis werden Brot und Wein genommen, die Einsetzungsworte des Herrn gesprochen und Brot und Wein der Gemeinde zum Essen und Trinken dargereicht.

    Erklärung zu These 3,3:

    Durch den Vollzug der Feier des Heiligen Abendmahls, wie er in These 3,3 beschrieben wird, werden Brot und Wein ausgesondert und in den Dienst dieses Mahles gestellt. Auf Grund des exegetischen Befundes im Neuen Testament sehen sich die Unterzeichner nicht in der Lage, darüber hinaus einen besonderen Konse- krationsakt zu fordern oder eine besondere Lehre von der Konsekration unter die Stücke zu rechnen, die „zum Verständnis von Wesen, Gabe und Empfang des Abendmahls unerlässlich“ sind.

  4. Im Abendmahl gedenken wir des Todes Christi, durch den Gott ein für allemal die Welt versöhnt hat; in ihm bekennen wir die Gegenwart des auferstandenen Herrn unter uns und warten in Freude auf sein Wiederkunft als die zur Herrlichkeit in der Vollendung Berufenen.

These 4

Die Worte, die unser Herr Jesus Christus beim Reichen des Brotes und des Kelches spricht, sagen uns, was er selbst in diesem Mahle allen, die hinzutreten, gibt: Er, der gekreuzigte und auferstandene Herr, lässt sich in seinem für alle in den Tod gegebenen Leib und seinem für alle vergossenen Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein von uns nehmen und nimmt uns damit kraft des Heiligen Geistes in den Sieg seiner Herrschaft, auf dass wir im Glauben an seine Verheißung Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit haben.

Erklärung zu These 4:

These 4 spricht so von Leib und Blut Jesu Christi, dass deutlich wird: Leib und Blut Jesu Christi sind nichts anderes als Jesus Christus selbst. Sie sind nicht zu lösen von der Person und dem Geschick Jesu Christi, wie auch der gekreuzigte und auferstandene Herr nicht zu lösen ist von seinem für alle in den Tod gegebenen Leib und seinem für alle vergossenen Blut.

Wenn in These 4 von Brot und Wein gesprochen wird, so wird damit ausge- sagt, dass Brot und Wein im Abendmahl von Jesus Christus erwählte Mittel für die Gaben seines Leibes und Blutes sind.

Eine nähere Bestimmung des Verhältnisses von Leib und Blut zu Brot und Wein haben die Unterzeichner mit Rücksicht auf die Vielfalt des neutesta- mentlichen Zeugnisses nicht vorgenommen.

(siehe auch Erklärung zu These 8,2)

These 5

Darum wird das, was im Abendmahl geschieht, nicht angemessen beschrieben,

  1. wenn man lehrt, Brot und Wein würden durch die Stiftungsworte des Herrn in eine übernatürliche Substanz verwandelt, so dass Brot und Wein aufhören, Brot und Wein zu sein;
  2. wenn man lehrt, im Abendmahl würde eine Wiederholung des Heilsgeschehens vollzogen;
  3. wenn man lehrt, im Abendmahl würde ein naturhafter oder übernatürlicher Stoff dargereicht;
  4. wenn man lehrt, es handele sich um einen Parallelismus von leiblichem und seelischem Essen als zwei voneinander getrennten Vorgängen;
  5. wenn man lehrt, das leibliche Essen als solches mache selig, oder das Anteilbekommen am Leib und Blut Christi sei ein rein geistiger Vorgang.

These 6

  1. Jesus Christus, der uns aus Gottes todbringendem Zorngericht gerettet hat, ist zugleich Anfang und Haupt einer neuen Schöpfung.
  2. Durch ihn sind wir als die, die seinen Leib und sein Blut empfangen, zusammengeschlossen zu seinem Leib, der Kirche, und werden des verheißenen Neuen Bundes teilhaftig, den Gott durch Jesu Blut gestiftet hat.
  3. Das Abendmahl stellt uns in die Gemeinschaft der Brüder und bezeugt uns damit, dass das, was uns in dieser Weltzeit knechtet und trennt, in Christus durchbrochen ist und der Herr in der Mitte der begnadigten Sünder den Anfang einer neuen Menschheit setzt.

These 7

  1. Das Abendmahl stellt uns auf den Weg des Kreuzes Christi. Das Kreuz Christi weist uns in die Wirklichkeit dieser Welt. Wo wir schwach sind, da ist die Gnade Gottes mächtig. Wenn wir sterben, leben wir mit ihm. Noch ist sein Sieg verborgen unter Anfechtung und Leiden. Darum speist uns der Herr durch sein Mahl, um uns zu stärken in dem Kampf, in denen er die Seinen sendet, und uns zu wappnen gegen alle Schwärmerei und alle Schlaffheit, damit wir nicht entweder in falschen Träumen das Künftige vorwegnehmen oder verzagt die Hand sinken lassen.
  2. In der Gemeinde, der er sich im Abendmahl gibt, sind wir Brüder. Diese Gemeinschaft lebt allein in der Liebe, mit der er uns zuerst geliebt hat. Wie er sich unser angenommen hat - der Gerechte der Ungerechten, der Freie der Unfreien, der Hohe der Niedrigen -, so sollen auch wir allen denen, die uns nötig haben, teilgeben an allem, was wir sind und haben.

These 8

  1. Der Glaube empfängt, was ihm verheißen ist, und baut auf diese Verheißung und nicht auf die eigene Würdigkeit.
  2. Gottes Wort warnt uns vor jeder Missachtung und jedem Missbrauch des Heiligen Abendmahls, damit wir uns nicht an der Hoheit dieser Gabe versündigen und Gottes Gericht auf uns ziehen.

    Erklärung zu These 8,2 und 4:

    Die Unterzeichner sind darin einig, dass im Abendmahl Jesus Christus sich selbst vorbehaltlos allen, die Brot und Wein empfangen, gibt, den Glaubenden zum Heil, den Verächtern zum Gericht.

  3. Weil der Herr reich ist für alle, die ihn anrufen, sind alle Glieder seiner Gemeinde zum Mahle gerufen, und allen ist die Vergebung der Sünden zugesagt, die nach der Gerechtigkeit Gottes verlangen.

D. Bizer, D. Bornkamm, D. Brunner, D. Delekat, D. Gollwitzer, D. Jeremias D. Käsemann, D. Kreck, D. Kuhn, D. v. Loewenich, D. Meyer, D. Michel, D. Niesel, D. Dr. Schlink, D. Schweizer, D. Vogel, D. Weber, D. Wolf



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