Vollkonferenz am 01. Mai 2009 in Würzburg

Begrüßung bei der Verleihung des Karl-Barth-Preises an Dr. Jürgen Schmude im Rahmen der UEK-Vollkonferenz

Landesbischof Dr. Ulrich Fischer, Vorsitzender der Vollkonferenz der UEK

01. Mai 2009

Ulrich Fischer, Vorsitzenden der UEK

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder,

dies ist nun der zweite Teil unserer konstituierenden Tagung der UEK-Vollkonferenz. Durch den Raumwechsel und durch die einleitende Musik ist seine Besonderheit gleich angezeigt: die Verleihung des Karl-Barth-Preises der Union Evangelischer Kirchen in der EKD.

Dazu begrüße ich als besondere Gäste unter uns die früheren Preisträger des Karl-Barth-Preises: Herrn Professor Dr. Wolf Krötke, Berlin, und Frau Pfarrerin Dr. Meehyun Chung, Basel.

Ich begrüße die ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD: Herrn Landesbischof i. R. Dr. Eduard Lohse (und seine Frau) und Herrn Landesbischof i. R. Dr. Klaus Engelhardt, Karlsruhe.

Mit einem besonderen Dank begrüße ich zwei der drei Mitglieder der Jury des Karl-Barth-Preises: Herrn Direktor Dr. Karl-Anton Drewes, Basel, und Bischof Dr. Wolfgang Huber, Berlin, den Vorsitzenden des Rates der EKD, der zugleich auch Mitglied unserer Vollkonferenz ist.

Ganz besonders aber begrüße ich natürlich jenen, den wir heute mit der Verleihung des Karl-Barth-Preises der UEK ehren wollen, Herrn Bundesminister a. D. Dr. Jürgen Schmude aus Moers;  ebenso herzlich begrüße ich mit ihm seine Frau!


Meine sehr geehrten Damen und Herren,

mit der Verleihung des Karl-Barth-Preises der UEK an Jürgen Schmude schließt sich ein Kreis! In den Jahren 1982 bis 1986 führte das Mitglied des Bundestages, der ehemalige Bundesminister für Bildung und Wissenschaft und ehemalige Bundesminister der Justiz, Dr. Jürgen Schmude - also ein Politiker und Jurist - den Vorsitz im Theologischen Ausschuss der EKU (West!). Als sich die EKU-Synode im Juni 1986 das Votum dieses Theologischen Ausschusses zur 5. These der Theologischen Erklärung von Barmen zu eigen machte, unterstrich sie vor allem folgende Wegweisungen des Votums:

„Die Synode erinnert daran, dass die ‚Barmer Theologische Erklärung‘ mit ihren Lehrentscheidungen eine verbindliche Aussage der Kirche ist und bleibt. Sie sieht in dem vorgelegten Votum eine Hilfe, einem oft beliebigen Zugriff auf die fünfte These der ‚Barmer theologischen Erklärung‘ zu wehren. Die Synode verweist auf den besonderen Zusammenhang, der zwischen der zweiten und der fünften These besteht: Erst nachdem ‚Gottes Zuspruch der Vergebung aller Sünden‘ und sein ‚kräftiger Anspruch auf unser ganzes Leben‘ (These II) gehört und geglaubt sind, (werden auch) ... die Fragen beantwortet werden können, die sich aus dem Verhältnis von Kirche und Staat ergeben.“

Besonders setzte die Synode dann noch drei Akzente in den Aussagen des Votums:

  •  In dem Votum werden die berechtigten Anliegen der (lutherischen) „Zwei-Regimenten-Lehre“ und der (reformierten) Lehre von der „Königsherrschaft Christi“ aufgenommen, weitergeführt und durch das Vertrauen auf das eine Wort Gottes, „durch das Gott alle Dinge trägt“ (Barmen V), verklammert.

  • Trotz mancher Resignation und Enttäuschung bei der Bemühung um den Frieden in der Welt wird die Kirche zum Frieden rufen und dabei ihren eigenen Beitrag leisten müssen, der sich aus ihrem Glauben und ihrem Gehorsam ergibt.“

  • Und drittens: „Wir müssen neu erkennen, dass im Verhältnis von Kirche und Staat Fürbitte eine zentrale Aufgabe der Kirche ist,“ durch Fürbitte also Begleitung des Staates durch die Kirche geschieht.

Als der Ausschuss damals sein Theologisches Votum „Auftrag der Kirche und Aufgabe des Staates nach Barmen V“ in die EKU-Synode einbrachte, war der Ausschussvorsitzende gerade zum Präses der Synode der EKD gewählt worden. Er sollte dann die Synode der EKD über drei Legislaturperioden, also 18 Jahre lang, leiten und hat damit eine ganze Epoche der Geschichte der Synode der EKD entscheidend geprägt.

Mit der Verleihung des Karl-Barth-Preises der UEK ehren wir Jürgen Schmude heute für sein beeindruckendes Beispiel eines „gelebten Barmen V“! Für seine Bereitschaft und für seine Fähigkeit, Mitverantwortung zu übernehmen für die Aufgaben des Staates auf der einen und für den Auftrag der Kirche auf der anderen Seite, und dafür dass in seiner Person und in seiner Biografie beides – um es mit einer altkirchlichen christologischen Formel zu sagen - „unvermischt und ungetrennt“ aufeinander bezogen ist.

Die Jury des Karl-Barth-Preises hat ihre Entscheidung im Herbst letzten Jahres unter anderem so begründet – und das Präsidium der UEK ist ihr damit gern gefolgt: „Jürgen Schmude hat mit seinem Wirken in Politik und Kirche durch Jahrzehnte hindurch ein beeindruckendes Beispiel dafür gegeben, was es heißt, „die politische Bedeutung des Evangeliums in der Tradition der Barmer Theologischen Erklärung zu entfalten“ ... Dabei hat er Anstöße aufgenommen, wie sie in den Nachkriegsjahren in Deutschland vor allem Gustav Heinemann gegeben hat. Er hat diese Impulse im Blick auf neue Herausforderungen fortentwickelt und entscheidend dazu beigetragen, sie in wegweisende Stellungnahmen und in konkretes Recht umzusetzen…Seine vielfältigen Verantwortlichkeiten reflektiert Schmude in einer dem Juristen angemessen nüchternen, in ihrer Aufrichtigkeit umso überzeugenderen Sprache. Damit hat er das Verständnis, wenn nicht die Zustimmung vieler Menschen aus unterschiedlichen politischen und kirchlichen Lagern gewonnen…Im Blick auf dieses Lebenszeugnis, aber auch als Hinweis auf die immer wieder gebotene Entfaltung der politischen Bedeutung des Evangeliums soll der Karl-Barth-Preis 2008 der Union Evangelischer Kirchen in der EKD an Jürgen Schmude verliehen werden.“

Meine Damen und Herren, im Rückblick auf die Arbeit des EKU-Ausschusses zu Barmen V, im Rückblick eines nüchternen Juristen also, der in diesem Ausschuss eine ganze Schar namhafter Theologen zu einer gemeinsamen Kundgebung hinzuführen hatte, soll Jürgen Schmude einmal geäußert haben, er habe sich zuweilen gefühlt „wie eine Schildkröte unter Flamingos“. Eine Schildkröte ist ja ein ganz besonderes Tier: Sie zeichnet sich durch einen im Tierreich einzigartigen Rücken- und Brustpanzer aus. Ihr besonderes Rückgrat ist nicht biegsam. Die Schildkröte verfügt über ausgesprochen sensible Sinnesorgane, viele Schildkrötenarten können Farben sogar besser differenzieren als das menschliche Auge! Und sie haben einen hervorragenden Orientierungssinn, der sich mit zunehmendem Lebensalter sogar noch zu verbessern scheint! Schildkröten reden nicht so viel. Aber wenn sie dann doch einmal einen Laut von sich geben, dann tut man gut daran, genau darauf zu achten; dann ist nämlich Gefahr im Verzug. Schon in der Antike konnten Mathematiker im Übrigen mühelos nachweisen, dass eine Schildkröte, wenn sie nur einmal einen gewissen Vorsprung hat, niemals von einem Läufer eingeholt werden kann, und sei er auch pfeilschnell wie Achill. Wenn auch die Mathematik, wie ich mir habe sagen lassen, heute in der Lage ist, diese Behauptung zu widerlegen, so möge dieses Paradox uns allen eine Warnung sein, die wir manchmal besinnungslos rennen und laufen und doch nicht ans Ziel kommen.

Mit der Verleihung eines theologischen Preises an Jürgen Schmude loben wir also auch die besonderen Tugenden und Fähigkeiten aller, die sich in unserer Kirche und auch auf unseren Synoden unter so vielen bunten theologischen Vögeln zuweilen vorkommen müssen wie Schildkröten. Wir brauchen sie, diese besonderen Tugenden der Schildkröte und die, die sie unter uns verkörpern. Das Lob der besonderen Tugenden von Jürgen Schmude wird nachher, nach dem Überreichen der Urkunde, der Laudator unternehmen, ebenfalls ein früherer Bundesminister, mit einschlägiger Prägung im Dienst der Kirche, nämlich Dr. Manfred Stolpe aus Potsdam, den ich an dieser Stelle nun ebenfalls herzlich und mit Dank in unserer Mitte begrüße. Manfred Stolpe bringt im Blick auf den Weg Jürgen Schmudes die Perspektive dessen mit, der - aus Ostdeutschland kommend und mit einer von der Existenz der Kirche in der DDR geprägten Biografie – seinerseits ebenfalls Verantwortung übernommen hat für die Kirche und in der Politik. Wir freuen uns, dass mit der Laudatio von Manfred Stolpe für Jürgen Schmude ein weiteres wichtiges und bleibendes Anliegen der UEK zum Ausdruck kommt: nämlich die nach wie vor unterschiedlichen Perspektiven im Osten und im Westen unseres Landes untereinander im Gespräch und miteinander verbunden zu halten.

Hören wir zunächst jedoch noch einmal das Streichquartett.


Schlusswort:

Meine Damen und Herren,
Sie haben es sicherlich gemerkt: Mendelssohn, das musste sein zu dessen 200. Geburtstag. Aber dass unser Streichquartett zu Beginn und zum Schluss zwei Sätze von Wolfang Amadeus Mozart gespielt hat, musste auch sein, damit auch Karl Barth im Himmel seine Freude an dieser Veranstaltung hat. Ich bin gewiss, Karl Barth hat sich bestimmt nicht nur an der Musik gefreut, sondern an Vielem, das wir heute hier gehört und gesehen haben! Hiermit beende ich die Verleihung des Karl-Barth-Preises an Jürgen Schmude und schließe zugleich die 1. Tagung der Zweiten Vollkonferenz der Union Evangelischer Kirchen in der EKD.


Landesbischof Dr. Ulrich Fischer
Vorsitzender der Vollkonferenz der UEK

Es gilt das gesprochene Wort.



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