Wo kommen wir her, wo stehen wir, wohin gehen wir?

Bericht des Präsidiums bei der Vollkonferenz der UEK am 4. Mai 2007 in Hannover

Landesbischof Dr. Ulrich Fischer

Liebe Schwestern und Brüder,

seit der letzten Vollkonferenz in Wittenberg ist ein Jahr vergangen, das ich als Jahr des Übergangs bezeichnen möchte. Sichtbares äußeres Zeichen dieses Übergangs war die Verabschiedung von der Kirchenkanzlei der UEK in der Berliner Jebensstraße am 29. November des letzten Jahres. Es war ein würdiger, der gemeinsamen Sache der UEK angemessener Abschied. Es war zunächst ein Abschied von der verdienten Mitarbeiterschaft der Kirchenkanzlei unter der Leitung von Präsident Dr. Hüffmeier. Aber es war weit mehr. Wie Präses Nikolaus Schneider bei diesem Anlass zutreffend feststellte, war dies eine „Zäsur von kirchengeschichtlicher Bedeutung“. Dieser Übergang signalisiert, dass die UEK selbst Kirche im Übergang ist, im Übergang nicht in der Auflösung. Mag am Ende eine wirkliche Integration der UEK in die EKD stehen (und das bleibt unser Ziel) - jetzt heißt es, die notwendigen Schritte dieses Übergangs verantwortlich zu gehen, entschieden und bedachtsam zugleich. Gerade auch für einen solchen Übergang gilt die Bitte des 119. Psalms: „Lass meinen Gang gewiss sein in deinem Wort “ (Ps 119,133 ursprüngliche Lutherübersetzung).

Diese Vollkonferenz - die erste nach der Verabschiedung aus Berlin und dem Einzug in Hannover - ist in diesem Sinne ein Moment der Vergewisserung für die UEK, bei dem wir uns fragen: „Wo kommen wir her, wo stehen wir, wohin gehen wir?“ Zwei theologische Kraftfelder waren es, die der UEK entscheidende Orientierung gaben und bis heute geben: die Barmer Theologische Erklärung, deren 75. Jahrestag wir im Jahr 2009 begehen, und die Leuenberger Konkordie, für welche wiederum die Arnoldshainer Abendmahlsthesen grundlegend waren, deren Unterzeichnung im November dieses Jahres genau 50 Jahre her sein wird. Im Blick auf diese beiden kirchlich-theologischen Grundorientierungen haben sich vor vier Jahren EKU und AKf zur UEK verbunden. In ihnen findet die UEK ihre gemeinsame theologische Identität. Und wir müssen unsere Schritte im Übergang von diesem Gemeinsamen her leiten lassen - und nicht mehr von den nach wie vor wirksamen divergierenden Unterströmungen. Zu diesem Gemeinsamen sich noch deutlicher zu bekennen, werden wir bei der Diskussion um die künftige Ordnung der UEK während dieser Vollkonferenz auch unsere „Gastkirchen“ Württemberg und Oldenburg einladen. Für die künftige Ordnung der UEK hat der Rechtsausschuss dieser Vollkonferenz den vom Präsidium in Auftrag gegebenen Entwurf vorgelegt, wobei uns allen bewusst ist, dass wir für das Jahr 2008 dann auch einen Beschluss über den Fortbestand der UEK vorbereiten müssen.

Die UEK - Kirche im Übergang. Sehr eindrucksvoll haben wir dies in den zurückliegenden Monaten dadurch erfahren, dass die UEK einerseits Arbeiten abschließen, andererseits Neues beginnen konnte. Abgeschlossen wurde die Arbeit der Kirchenkanzlei mit einem bezeichnenden Dreiklang von Veröffentlichungen: 1. der Agende „Trauung“, 2. dem theologischen Votum „Unsere Hoffnung auf das ewige Leben“ und schließlich 3. dem Erinnerungsbuch „Jebensstraße 3“ mit Streiflichtern zur Geschichte des Gebäudes und persönlichen Erinnerungen.

Was diese Veröffentlichungen auszeichnet, wird die Arbeit der UEK auch in Zukunft herausfordern, nämlich
- eine konsensorientierte und qualitätvolle liturgische Arbeit,
- eine gründliche und zugleich den Gemeinden vermittelbare Theologie und
- ein in der Geschichte gegründetes Selbstbewusstsein, das es gerade nicht nötig hat, sich an Vergangenes zu klammern.

Zugleich wurde Neues begonnen, indem nämlich das Amt der UEK im Kirchenamt der EKD zum 1. Januar dieses Jahres bezogen wurde. Zuvor war Bischof Martin Schindehütte zum Auslandsbischof, zum Vizepräsidenten des Kirchenamtes und zum Leiter des Amtes der UEK berufen und in sein Amt gottesdienstlich eingeführt worden. Sodann entschied sich das Präsidium für Pfarrer Dr. Martin Heimbucher als dem Theologischen Referenten in der Amtsstelle; zum 1. Februar 2007 hat er seinen Dienst aufgenommen. Von einem kleinen Ausschuss (Dr. Beintker, Dr. Fischer, Dr. Hüffmeier und OKR Ochel) wurden die Kernarbeitsbereiche des Amtes zusammengestellt und vom Präsidium so definiert.

Allerdings sollte nicht verschwiegen werden, dass der Arbeitsbeginn im Amt der UEK recht holprig erfolgte: Personelle Probleme im juristischen Arbeitsfeld wie im Sekretariatsbereich waren dafür ebenso verantwortlich wie ungeklärte Raumfragen. Auch wurde die Einarbeitung dadurch erschwert, dass Akten aus Berlin nicht immer zeitnah zur Verfügung standen und die Mitarbeitenden in Hannover oft auf ihre Improvisationskunst angewiesen waren. Aber solche Probleme sind Probleme des Übergangs, die wohl unvermeidlich sind und die für den kleinen, feinen, aber noch nicht vollständigen Mitarbeiterstab eine große Herausforderung darstellen. Diese Herausforderungen konnten und können nur mit Hilfe eines großen Engagements von dafür zeitweise freigestellten EKD-Mitarbeitenden bewältigt werden, namentlich durch das Engagement von Kirchenoberamtsrätin Susanne Heuer und OKR Dr. Christoph Thiele.

Richtschnur für die Gestaltung der Arbeit des Amtes der UEK ist auch im Kleinen und Konkreten der Grundsatz von § 2 des Vertrages zwischen der Evangelischen Kirche von Deutschland und der Union Evangelischer Kirchen in der EKD: „soviel Gemeinsamkeit wie möglich und soviel Differenzierung, wie aus dem Selbstverständnis der UEK nötig.“ Dabei wird die Amtsstelle in ihrer Arbeit zum Ausdruck bringen, dass wir als UEK nicht einfach fallen lassen, was uns anvertraut ist. Wir nehmen es in die Hand, wägen es und formen es nötigenfalls um. Manches werden wir sorgfältig in neue Verantwortung überführen. Schließlich mag es auch Arbeitsbereiche geben, bei denen wir eines Tages einen Schlusspunkt setzen - nach klarer Entscheidung und offen kommuniziert. Ein Eindruck darf jedenfalls nicht entstehen: dass wir die augenfälligen „Wertstücke“ aus dem Erbe der UEK auf dem Markt billig feilbieten und den Rest lieblos „abwickeln“ oder abwickeln lassen.

Mit dem Übergang ins Kirchenamt der EKD ist die Arbeit der UEK deutlicher und stärker als früher hinein genommen in das dynamische Dreieck von UEK - EKD - VELKD. Mit dem Einzug des UEK-Amtes und - in anderer Weise und mit ungleich größerer Mannschaft im Sommer folgend - des Amtes der VELKD unter das gemeinsame Dach hier in der Herrenhäuser Straße wird jenes Dreieck augenfällig, in dem die zwischenkirchlichen Zusammenschlüsse der Evangelischen Kirchen in Deutschland arbeiten. Ich erwarte, dass es unter einem gemeinsamen Dach je länger je mehr gar nicht mehr möglich sein wird, nebeneinander her zu arbeiten. Längst gibt es ja Querverbindungen und Zusammenarbeit in vielen Bereichen. Wie schön, dass der Architekt dieses Hauses hier und da Wände bewusst offen gelassen hat und damit alle Menschen, die hier arbeiten, daran erinnert: Sie arbeiten auch dafür, dass trennende Wände durchlässig werden. Diese Zusammenarbeit wird sich unter einem Dach weiter intensivieren.

Selbstbewusst können wir sagen: Mit der unübersehbaren Verschlankung ihres Amtes und der deutlichen Reduktion seiner Aufgaben hat die UEK einen mutigen Schritt getan, die Strukturreform in der EKD voranzubringen. Sie tut dies in der Erwartung und in dem Vertrauen, dass auch die anderen Partner in diesem Dreieck sich auf Veränderungen einstellen und einlassen, mehr noch: dass sie diese ebenso entschlossen und zielstrebig gestalten. Alle Welt deutet in diesem Zusammenhang schnell auf die VELKD. Aber auch die EKD selbst muss und wird sich in diesem Prozess der Annäherung verändern und kann von ihren Partnern nicht eine sang- und klanglose Anpassung an ihre Kultur und Struktur erwarten. Jawohl, es ist richtig: Das Weiterbestehen und die Weiterarbeit der UEK ist auch dynamisch und kritisch darauf bezogen, dass es die VELKD in ihrer gegenwärtigen Form gibt und dass diese auf unbestimmte Zeit weiter bestehen soll. Als Existenzbegründung für die UEK allein reicht dies aber nicht aus. Wir bringen ein unverzichtbares theologisches und kirchliches Erbe in die EKD ein. Wir möchten, dass es zum Tragen kommt, dass es lebendig erhalten wird und dass es Früchte trägt. Dafür arbeiten wir: In der UEK, in der EKD.

Deshalb hat das Präsidium in seiner Sitzung am 31. Januar in Form eines Brainstormings Themen zusammengestellt, die für die UEK-Arbeit der kommenden Jahre von Bedeutung sein werden. Das Amt der UEK hat aus diesen Vorschlägen des Präsidiums eine Vorlage für die heutige Vollkonferenz erarbeitet. Aus ihr sind die theologischen und kirchenpolitischen Schwerpunkte der UEK-Arbeit in den kommenden Jahren zu ersehen. Über das hier Zusammengestellte hinaus sei an die für das Jahr 2008 vorgesehne Verleihung des Karl-Barth-Preises erinnert, der im Jahr 2006 an die südkoreanische Theologin Frau Dr. Meehyun Chung (Basel) verliehen wurde, sowie an die Fortführung und Weiterentwicklung der Berliner Bibelwochen unter dem Dach der Evangelischen Akademie Berlin.

Die UEK - Kirche im Übergang. Sie sehen: Es gibt heute einiges zu tun. Es sind Weichen zu stellen für den Weg in die Zukunft. Möge es ein gesegneter Weg unter dem Dach der EKD in diesem Haus und im spannungsvollen Dreiklang von UEK – EKD und VELKD sein, auf dass Gemeinsames wachse und der Protestantismus in Deutschland gestärkt werde.

 



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