„Union, Bekenntnis und kirchliche Identität 1817 - 2017“

Theologisches Kolloquium zwischen der UEK und der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) fand Ende Februar in Wittenberg statt

11. März 2013

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Knapp 40 Delegierte, unter ihnen Bischof Martin Schindehütte, Leiter des Amtes der UEK (Hannover) und SELK-Bischof Hans-Jörg Voigt (Hannover) trafen sich zu der theologischen Fachtagung vom 26. bis 28. Februar in den Räumen der Leucorea in Wittenberg, einem Universitätsstandort der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Ausgangspunkt der Tagung war ein Gespräch zwischen Bischof Schindehütte und Bischof Voigt über die 200. Wiederkehr des Beginns der Kirchwerdung unierter und selbstständig „alt“lutherischer Kirchen im Jahr 2017. Zum Reformationsjubiläum 1817 hatte König Friedrich Wilhelm III. zur Vereinigung von lutherischen und reformierten Gemeinden in Preußen aufgerufen. Als er in den Folgejahren alle Gemeinden auf eine gemeinsame Gottesdienstordnung verpflichten wollte, widersetzten sich lutherische Pfarrer und Gemeinden. Die später so genannten „Altlutheraner“ waren zwischen 1830 und 1840 staatlichen Zwangsmaßnahmen ausgesetzt, wie jahrelanger Inhaftierung von Pfarrern, schweren Bußgeldzahlungen bis hin zum Einsatz von Polizei und Militär. Ihre kirchliche Reorganisation ist ein frühes Beispiel für die Gestaltung eines bekenntnisbestimmten Kirchentums ohne staatskirchliche Rahmenbedingungen. Auch in der damals entstandenen Evangelischen Kirche der Union (EKU) brach – nicht zuletzt in Anbetracht dieses Widerstands – die Frage nach dem Bekenntnis neu auf. Auch die Frage nach den Grenzen des landesherrlichen Kirchenregiments ließ sich nicht mehr abweisen.

In 16 Referaten erörterten Fachleute aus beiden Kirchen Aspekte dieser Geschichte und ihrer Nachwirkungen bis heute. Weitgehend unerforscht ist beispielsweise die auffällige Nähe zwischen Gemeinden der Bekennenden Kirche und altlutherischen Gemeinden in der Zeit der nationalsozialistischen Zwangsherrschaft. Dazu konnten eine Reihe von Beispielen präsentiert werden. Die Tagung begann mit zwei Vorträgen zu der Predigt, die der Präsident der Ostberliner Kirchenkanzlei, Franz-Reinhold Hildebrandt, im Jahr 1967 aus Anlass des 150-jährigen Bestehens der EKU gehalten hat. In dieser Predigt, deren Text erst vor einigen Jahren veröffentlicht wurde, hatte sich Hildebrandt im Namen der EKU für die staatlichen Repressionen gegenüber den „Altlutheranern“ entschuldigt.

Bischof Martin Schindehütte äußerte sich dankbar für die Offenheit des Austauschs. Auf diese Weise hätten sich gegenseitige Zuschreibungen aufgelöst; aber auch die Unterschiede in manchen Auffassungen seien präziser fassbar geworden. „Dieses Gespräch eröffnet eine gute Perspektive für einen weiteren theologischen Dialog“, meinte Schindehütte am Ende der Tagung. Der leitende Geistliche der SELK, Bischof Hans-Jörg Voigt, zeigte sich beeindruckt und bewegt von der Intensität der gegenseitigen Wahrnehmung, die auch kontroverstheologische Themen zwischen beiden Kirchen klar und offen zur Sprache brachte. „Es ist nun geplant, die Ergebnisse der Konsultation in einem Tagungsband zu sichern und weiteren Kreisen zugänglich zu machen“, kündigte Voigt an. Die bilaterale Arbeitsgruppe werde zudem aus den zahlreichen Vorschlägen der Konferenzteilnehmer zur Weiterarbeit nächste Schritte zu erarbeiten haben.


Hannover, 11. März 2013

Pfarrerin Karin Bertheau, Amt der UEK
KR Michael Schätzel, Pressearbeit der SELK



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